Experimentelle Instrumente
Kotykiewiecz Neugier, Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und seine Kompetenz spiegeln sich auch im Bau von experimentellen Instrumenten wider. Dazu gehören auch die Instrumente mit Janko Tastatur. Außerdem baute er ein viermanualiges (!), einspieliges Instrument, in pytagoreischer Stimmung für die Universität in Helsinki. Er experimentierte mit Instrumenten in anderen Stimmungen (Vierteltonstimmung) und baute viele Sondermodelle, die nach den Wünschen der Musiker gebaut wurden.
Instrumente mit Janko Tastatur
Teofil Kotykiewicz war einer der ersten, der sich für die 1882 entwickelte Tastatur von Paul Janko einsetze und diese in seine Instrumente verbaute. Die Janko Tastatur besteht aus 6 "Tasten" Reihen, ähnlich einem chromatischen Knopfgriffakkordeon. Diese hat gegenüber der herkömmlichen Tastatur enorme Vorteile: Bedarf es bei unserer heutigen Tastatur für eine Tonleiter oder Akkorde unterschiedliche Fingersätze für jede Tonart, reicht beim Janko System ein (!) Fingersatz für alle Tonarten aus. Das macht auch das Transponieren sehr einfach. J.S. Bachs Präludium in C aus dem Wohltemperierten Klavier kann man mit ein und demselben Fingersatz in jeder (!) Tonart spielen. Durch die gleich großen "Tasten" bereiten auch große Intervalle für Spieler mit kleinen Händen überhaupt keine Probleme. Obwohl sogar Franz Liszt prognostizierte, dass die Janko Tastatur die herkömmliche Tastatur verdrängen würde, hat sich diese aus verschiedensten Gründen leider nicht durchgesetzt. Ein Kotykiewicz Harmonium mit Janko Tastatur befindet sich in der Ausstellung im Technischen Museum.
Reingestimme Harmonien
Kotykiewicz scheibt in seinem Prospekt:
Für wissenschaftliche Zwecke wurden solche Werke im Gegensatz zur temperierten Stimmung nach verschiedenen Systemen, wie: Steiner, Brandsma, Krohn, Schwanzara in meiner Fabrik gebaut. (Zitat Ende)
Ein bemerkenswertes Instrument ist ein viermanualiges, Harmonium mit pytagoreischer Stimmung, das im Jahre 1906 an die Alexander Universität in Helsingforst, Finnland geliefert wurde! Jedes Manual hatte eine Stimme.
Harmonien mit Klavier oder Celesta
Kombinationsinstrumente waren damals sehr beliebt. Die Instrumente hatten mehrere Manuale, zum Beispiel ein zweimanualiges Harmonium mit einer Celesta im dritten Manual.
Harmonien mit Trasponiereinrichung (Transpositeur)
Ähnlich der indischen Harmonien, konnte die Klaviatur um bis zu drei Töne auf- oder abwärts verschoben werden. So konnte man ein in C-Dur geschriebenes Stück in A,B, H / Cis, D, Es Dur spielen.
Imitationsinstrumente
Kotykiewicz schreibt in seinem Katalog von 1912:
Seit 25 Jahren werden diese Instrumente über Anregung des Herrn Oberst Joachim Steiner gebaut und ersetzen im Zöglingsorchester der meisten k.u.k. Militärbildungsanstalten (Mährisch-Weißkirchen), Hainburg, Wiener-Neustadt, Fischau, Wien Breitensee, Kismárton, Köszeg, Sopron) die Blasinstrumente. Die Wirkung solcher Imitationsharmoniums ist so täuschend, dass beim Zusammenspiel mit Streichern der vollbesetzte Orchestercharakter zu hören ist. Gebaut werden dieselben zur Imitation von Flöte, Klarinette, Oboe, Fagott, Horn, Trompete und Posaune. Jedes dieser Instrumnete ist einzeln als Harmonium gebaut und wird wie dieses gespielt und behandelt.
Übungsklaviaturen
Diese Klaviaturen boten die Möglichkeit leise zu spielen und auf Reisen üben zu können. Sie waren erhältlich mit einem Umfang von zwei bis sieben Oktaven. Um sein Spiel besser zu kontrollieren bestand die Option, die Klaviaturen mit einer Percussion auszustatten. Dadurch konnte man sein Spiel hören, der Ton aber war sehr leise.
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Das Steiner System
Mit Oberst Joachim Steiner verband Kotykiewicz wohl eine enge Zusammenarbeit. Dieser regte u.a. den Bau der Imitationsinstrumente an, die in Militärochestern eingesetzt wurden. Steiner scheint sich auch mit anderen Stimmungen beschäftigt zu haben. 1887 wurde das Harmonium mit reiner Stimmung (nach Joachim Steiner) und Hilfsoktave gebaut. Es hatte die Nummer 6464.
1889 wurde ein 3 Manualiges Instrument, ebenfalls in reiner Stimmung nach Joachim Steiner gebaut.
Polytonithon - Steiner System
gebaut 1903 - Wellenmechanik - dreieinhalb Spiele, 2 Manuale
Mit Oberst Joachim Steiner verband Kotykiewicz wohl eine enge Zusammenarbeit. Dieser regte u.a. den Bau der Imitationsinstrumente an, die in Militärochestern eingesetzt wurden. Steiner scheint sich auch mit anderen Stimmungen beschäftigt zu haben.
1887 wurde das folgende Harmonium mit reiner Stimmung (nach Oberst Joachim Steiner) und Hilfsoktave gebaut. Es hatte die Nummer 6464.
1889 wurde ein 3 manualiges Instrument, ebenfalls in reiner Stimmung nach Joachim Steiner gebaut.
Es handelt sich um ein Harmonium mit Vertikallade. Die Schalter/Tasten in der oberen Reihe 1 bis 10 könnten feste Kombinationen sein, mit jeweils einem Schalter für den Bass und einen für den Diskant. Die darunter liegende Zahlenreihe (1 bis 12) deutet zunächst auf einen Transpositeur hin, da auch links und rechst kleine „Griffe“ zu sehen sind. Die Ziffernleiste ist zweifarbig. Nach der Nummer 7 wechselt die Farbe. Im Gehäuse gibt es halbrunde Aussparungen, in denen der Knopf wahrscheinlich fixiert wurde.
Darunter liegen die Registerzüge (24 = 2 x 12 ?). Leider sind die Registerbezeichnungen nicht zu lesen. Wie wohl die dreieinhalb Spiele auf zwei Manuale aufgeteilt waren? Und warum gab es 24(!) Registerzüge? Das Instrument hat keine Kniehebel. Die farbige Teilung der Nummernscala (1-12 in der Teilung der Registerzüge) liegt exakt in der Mitte, was die Theorie des Transpositeurs allerdings schwächt. Es ist denkbar, dass 1 bis 7 für das untere, 8 bis 12 für das obere Manual gedacht waren. Vielleicht konnte man auch ein Manual auf der linken und rechten Seite unterschiedlich transponieren.
Der Phantasiename "Polytonithon" deutet darauf hin, das mit dem Instrument polytonal gespielt werden sollte. Trifft die Theorie des Transpositeurs zu wäre folgendes denkbar:
Man transponiert das obere Manual in eine gewünsche Tonart. Spielt man dann mit der Manualkoppel auf dem ersten Manual, erklingt eine polytonale Stimmung. Zum Beispiel im ersten Manual spielt man in C - Dur und auf dem zweiten Manual erkling Es - Dur. Viele Komponisten zu dieser Zeit haben diese Kompositionstechnik angewand.
Der Registerzug links neben dem II. Manual bedient vermutlich eine Mechanik.
Zum Beispiel: Die Manualkoppel, die Expression, die Forteklappen oder ähnliches.
Herzlichen Dank für die Einschätzung an Herrn Thomas Reilich.
Das Harmonium mit der Nummer 11712 wurde am 7. Nov. 1927 bestellt und am 6. Juli 1928 - ausgeliefert. Der Kunde war Lallubhai Narsinhal in Indien.
Stimmung "indisch" (20 Töne) nach E. Clemens / London. 2 Manuale, per Oktave 14 Tasten. Gehäuse: Eiche schwarz, Tropenholz.
Harmonium mit der Nummer 8280, 4 Manuale mit je einer Stimme, pytagoreische Stimmung, am 03.09.1906 an die Alexander Universität in Helsinki (Helsingfors) Finnland erstausgeliefert.
Bei diesem Instrument handelt es sich um ein experimentelles Harmonium, mit dem man unterschiedliche reine Stimmungen darstellen konnte. Bei den heutigen digitalen Sakralorgeln gibt es die komfortable Möglichkeit, auf Knopfdruck das komplette Instrument in einer anderen Stimmung erklingen zu lassen.
Zur damaligen Zeit musste man einen sehr großen Aufwand betreiben, um mit einem Instrument verschiedene Stimmungen darzustellen. Das Harmonium hat vier Manuale. Auf jedem Manual erklang der Tonumfang eines 8´ mit unterschiedlichen Quint- und Terzabständen. Es gab keine Register sondern nur ein Spiel pro Manual. Im Speditionsbuch steht, dass das Instrument in der pytagoreischen Stimmung intoniert wurde. In dieser Stimmung werden die Quinten rein gestimmt. Im Mittelalter war diese Stimmung die Regel. Die Namensgebung geht auf Pythagoras von Samos (ca.510 v. Chr.) zurück, der sich auch mit musiktheoretischen Fragen beschäftigte.
Es fällt auf, dass die Obertasten mit Punkten, in jedem Manual unterschiedlich markiert sind. Außerdem befinden sich zwei Markierungen im ersten Manual auf den Untertasten, nämlich die Quinte C / G. Das unterstütz die These, dass die einzelnen Manuale unterschiedlich gestimmt waren.
Die vier Manuale könnten folgendermaßen aufgeteilt gewesen sein:
Manual IV - temperierte Stimmung
Manual III - reine Quinten zwischen H und Fis
Manual II - reine Quinten zwischen Cis - Gis / Gis - Dis / Fis - Cis / H - Fis
Manual I - total reingestimmt
Über dem vierten Manual ist im Gehäuse eine Plakette eingelassen, die ein musikalisches Kreuz auf der linken und ein B auf der rechten Seite darstellt. Der erste Gedanke, dass es sich um einen Transpositeur handeln könnte, (wie auch öfter von Kotykiewicz gebaut), ist aber nicht haltbar, da es feste Klaviaturbacken gibt und dadurch das Manual nicht zu verschieben ist. Außerdem macht eine Transpositionsvorrichtung bei dieser Stimmung keinen Sinn.
Es könnte sich um eine Winddruckanzeige handeln, da das Instrument bei einem bestimmten Winddruck intoniert und gestimmt wurde. Durch diese Anzeige konnte man den Winddruck im Auge behalten und auf den perfekten, für die Stimmung notwendigen Druck einpendeln.
Herzlichen Dank für die Einschätzung an Herrn Markus Lenter.